Energetische Massnahmen bei Schutzobjekten

Der Ratgeber Baubewilligung, den die Baudirektion des Kantons Zürich im Internet veröffentlicht hat, enthält viele Unklarheiten und fragwürdige Hinweise auf das Vorgehen bei Schutzobjekten. In einem Brief an das federführende kantonale Amt wurde auf die sich daraus ergebenden Gefährdungen von schützenswerten Bauten und Ortsbildern aufmerksam gemacht.

Gefährdung der Baudenkmäler durch fragwürdige Bestimmungen zur Energieförderung!

Viele Fördermassnahmen zum Energiesparen erfordern Eingriffe, die Schutzobjekte erheblich beeinträchtigen oder sogar ganz entwerten. Um dies zu verhüten, sind in die entsprechenden Förderprogramme des Kantons Zürich - und übrigens auch von anderen Kantonen - besondere Bestimmungen für Schutzobjekte eingefügt worden. Nun ist aber leider bei weitem nicht klar, was überhaupt Schutzobjekte sind und wer für die Einhaltung der schützenden Bestimmungen verantwortlich ist. Die folgenden zwei Bilder sind ein Beispiel für die Unklarheiten, die in der untenstehenden Zuschrift an das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft erwähnt werden. Es handelt sich um zwei etwa gleichwertige Denkmäler in derselben Gemeinde. Das Haus links ist durch eine Personaldienstbarkeit zugunsten des Kantons geschützt ( = der Kanton muss geplante Eingriffe bewilligen), das Haus rechts hingegen allein dadurch, dass es im kommunalen Inventar der Schutzobjekte aufgeführt ist. Diesen Inventareintrag haben nur die Gemeindebehörden zu beachten, die Eigentümer jedoch müssen davon nicht einmal Kenntnis erhalten.

Oberhittnau, Wohnhaus von 1829Oberhittnau, Doppelbauernhaus, InventarobjektOberhittnau / links: Wohnhaus von 1829, durch Personaldienstbarkeit zugunsten des Kantons geschützt / rechts: Doppelbauernhaus von 1838, Objekt des kommunalen Inventars

Statt der deshalb notwendigen Erläuterungen zum möglichen Schutzstatus von Gebäuden enthalten die von der  Baudirektion Zürich im Internet veröffentlichte Wegleitung zum Gebäudeprogramm und die weiteren Informationsseiten nur verwirrende und missleitende Angaben. Dies gefährdet die schützenswerten Baudenkmäler. Die eine Gefahr ist, dass einem Eigentümer, der denkmalpflegerische Gründe geltend macht,  zu Unrecht keine erleichternden Anforderungen  bei der energetischen Sanierung zugebilligt werden. Noch mehr zu befürchten ist allerdings der umgekehrte Fall, dass die Eigentümerschaft um gar keine Erleichterungen nachsucht, weil es ihr und den Bewilligungsbehörden gleichgültig ist, wenn das wertvolle Baudenkmal mit hässlicher Aussenisolation und Solaranlagen auf dem Dach verunstaltet wird.

Mangelndes Verantwortungsbewusstsein

Vom bereits erwähnten und unten voll zitierten Brief ans zuständige Amt für die Energie-Förderungsmassnahmen erhofften wir Angaben, wie die Probleme gelöst werden. Eine Antwort ist zwar eingetroffen, sie ging aber im Wesentlichen nur auf technische Probleme und kaum auf die gestellten Fragen ein. Wir baten deshalb um ergänzende Angaben. Darauf wurde uns von der betreffenden Amtsstelle lediglich mitgeteilt, sie sei nicht zuständig, und wir müssten uns an die Denkmalpflege wenden. Es ist bestürzend, dass das Amt, das Gesuche um Fördergelder für bauliche Massnahmen behandelt, für die zu befürchtenden negativen Auswirkungen seiner verwirrenden Hinweise betreffend Schutzobjekte nicht verantwortlich sein will und kritische Fragen nicht beantworten kann. Die Aufforderung, sich an die Denkmalpflege zu wenden, weist auf mangelnde Koordination der Aufgaben in der Baudirektion hin.

 

AWEL
Abteilung Energie
Stampfenbachstrasse 12
Postfach
8090 Zürich

Wegleitung Gebäudeprogramm / Ratgeber Baubewilligung

Sehr geehrte Damen und Herren

In Ihrer Wegleitung zum Gebäudeprogramm (Wärmedämmung) erwähnen Sie Erleichterungen bei geschützten Bauten und definieren Schutzobjekte wie folgt:

'Als geschützt gelten Bauten und Bauteile, die Bestandteil der Inventare des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden sind und in diesen Inventaren als von "nationaler" oder "regionaler" Bedeutung eingetragen sind ("denkmalgeschützt"); sowie die von einer Behörde als geschützt definiert werden (Baubehörde, Orts- und Stadtbildkommissionen, etc.).'

Zum Denkmalschutz finden sich im Ratgeber Baubewilligung die Angaben, dass für "Vorhaben an Schutzobjekten von regionaler und kantonaler Bedeutung, an Objekten mit Personaldienstbarkeitenzugunsten des Kantons und an formell geschützten Objekten"  die Kantonale Denkmalpflege zuständig ist, und was den Ortsbildschutz betrifft wird auf den GIS-Browser verwiesen und zusätzlich erwähnt, die Perimeter geschützter Ortsbilder lägen in der Regel in Kernzonen, also Bauzonen, weshalb bauliche Massnahmen mit Einschränkungen möglich seien.

Diese Angaben führen unseres Erachtens nicht nur zu Missverständnissen, die Schutzobjekte sehr gefährden, sondern wir halten sie auch für rechtlich bedenklich. Unklar ist, was in obiger Definition mit dem Zusatz über die Behörden gemeint ist. Die genannten Kommissionen sind doch für überkommunale Schutzobjekte gar nicht zuständig. Werden hier also die kommunalen Objekte angesprochen und wenn ja, nur die formell unter Schutz gestellten? Letzteres wäre besonders fatal, da die formelle Unterschutzstellung in aller Regel nicht von der Bedeutung des Kulturguts, sondern davon abhängt, ob eine aktuelle Gefährdung eine solche erfordert.

Es ist Ihnen zweifellos bekannt, dass über 40% der Gemeinden des Kantons Zürich über gar kein oder nur über ein ungenügendes Inventar verfügen, wie es Gesetz und Verordnungen verlangen. Zudem sind selbst gute Gemeindeinventare offensichtlich nur in den allerseltensten Fällen richtig nachgeführt worden. Auch das kantonale Inventar ist schon längst überholungsbedürftig. Es kann wohl auch nicht bestritten werden, dass der Aufnahme in ein überkommunales Inventar sehr oft eine nachvollziehbare denkmalpflegerische Begründung mangelt. Die Eintragung von Personaldienstbarkeiten erfolgte unseres Wissens einfach dann, wenn der Kanton an die Sanierung eines Schutzobjekts einen Beitrag geleistet hatte und nicht etwa nur bei Objekten überkommunaler Bedeutung. Vermutlich hat dieser Umstand zur verwirrenden Ergänzung der oben zitierten Ausführungen über die Zuständigkeit der Kantonalen Denkmalpflege mit dem Satz geführt: "Entweder ist das Objekt als Denkmal inventarisiert oder (zusätzlich) mit einem Servitut belegt."

Wir bitten Sie, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Da wir daran arbeiten, mit der Darstellung von guten und schlechten Beispielen die Öffentlichkeit auf den dringend notwendigen, besseren Schutz der Denkmäler und Ortsbilder aufmerksam zu machen, interessiert uns sehr, wie Sie die skizzierten Probleme lösen. Was wird vorgekehrt, damit wichtige Schutzobjekte nicht wegen mangelndem Interesse der Zuständigen oder unzulänglichen Inventaren zerstört werden? Wie gehen Sie in der Praxis vor?

Mit freundlichen Grüssen

Thomas Boller, Zürich     
Andreas Hauser, Wädenswil      
Albert Jörger, Horgen      
Ulrich Ruoff, Zürich

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