Küsnacht ZH, Schmalzgrueb und andere Weiler

Die Eigenart der Schmalzgrueb und anderer Weiler von Küsnacht ist schon weitgehend verloren gegangen, obwohl sie nach der geltenden Bau- und Zonenordnung erhalten werden sollte. Landwirtschaftlich geprägte Häusergruppen aus dem 16.–19. Jahrhundert, holzverschalte Scheunen und kleine Oekonomiegebäude sowie eine traditionelle Umgebung mit eingefriedeten Nutz- und Blumengärten und offenem Wiesland bestimmen laut Artikel 8 diese Eigenart. In den offziellen Erläuterungen dazu wird zudem auf die Ortsbildinventare und das Inventar der Heimatschutzobjekte verwiesen, die den notwendigen, substantiellen Schutz von wichtigen Elementen regeln. Ein längerer Abschnitt der Zonenordnung ist ferner der Dachgestaltung gewidmet und mit Recht wurde festgehalten: "Die Dachlandschaft beeinflusst und prägt das Ortsbild in hohem Mass. Zudem sind Dächer von erhöhten Lagen aus gut einsehbar. Die Dachgestaltung muss gesamthaft beurteilt werden: Dachform, Dachaufbauten und technisch bedingte Aufbauten müssen konzeptionell und gestalterisch aufeinander abgestimmt sein". Der Wille, die Bestimmungen durchzusetzen, scheint jedoch bei den Verantwortlichen zu fehlen.

Wann gelten die Baugesetze und Verordnungen?

Bei einem Augenschein im Weiler Schmalzgrueb wurde im Jahr 2008 beobachtet, dass durch einen eben fertig gestellten Umbau ein inventarisiertes Schutzobjekt völlig verdorben worden ist. Das Fachwerk wurde auch dort freigelegt, wo es sicher immer durch einen Verputz verdeckt gewesen war, man hat Fenster ohne Sprossenteilung mit unpassenden Proportionen eingesetzt und auf der Vorderseite in der Fassade eine grosse Öffnung für eine verglaste Doppeltüre ausgebrochen. Die innere Raumeinteilung scheint völlig verändert worden zu sein. Einen sehr schlimmen Eingriff stellen auch zwei hochrechteckige Lukarnen auf dem eher flach geneigten Dach der Rückseite dar. Auf der Gemeindeverwaltung war dazu nur zu vernehmen, dass man eben einmal einen Versuch mit zeitgemäss gestalteten Lukarnen gewagt habe.



 Hässliche Dachlukarnen beeinträchtigen das Schutzobjekt
Beliebiger Umgang mit Vorschriften: Die Dachlukarnen müssten gemäss Kernzonenordnung dem Stil des Gebäudes entsprechen.



Wie konnten die Behörden für diesen Umbau eines inventarisierten Schutzobjekts eine Baubewilligung erteilen? Jedem Laien muss die groteske Stillosigkeit der baulichen Eingriffe auffallen, die nicht einmal einfachsten denkmalpflegerischen Ansprüchen genügen. Das ehemalige Doppelhaus soll gemäss Inventar aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammen und im 19. Jahrhundert eingreifende Änderungen erfahren haben.  Vor der Projektierung des Umbaus scheinen jedoch nicht einmal eine Bauuntersuchung und eine richtige Bestimmung des Schutzwertes des Gebäudes stattgefunden zu haben. Es handelt sich zwar um ein bescheidenes Objekt, was aber nicht dazu führen dürfte, dass man die Massnahmen zu seinem Schutz und zur richtigen Pflege vernachlässigt. Gerade solch bescheidenen Objekten kommt oft für die Glaubwürdigkeit eines zu erhaltenden, dörflichen Ensembles grosse Bedeutung zu. Dies wird nur allzu oft übersehen oder bewusst beiseite gewischt; ein Umstand der uns bewog das Beispiel der Schmalzgrueb vorzuführen, obschon der Fall einige Jahre zurückliegt. Es kommt hinzu, dass hier, wie vielfach andernorts, nicht nur Erfordernisse des Denkmalschutzes, sondern auch Bestimmungen der Kernzonenordnung und des Ortsbildschutzes von den Behörden missachtet wurden.


  Falsch restaurierte, bzw. veränderte Vorderseite des geschützten Hauses mit Als das Gebäude im 19. Jahrhundert umgebaut wurde, gab man ihm bewusst das Aussehen eines gemauerten Hauses, wie bei den meisten Häusern in den oberen Weilern Küsnachts.  Im Zuge des Umbaus hat man jedoch die rohen Fachwerkhölzer fälschlicherweise freigelegt und vorne aus der Fassade eine Tür ausgebrochen. Sie führt heute mit einer Treppe auf einen Sitzplatz mit Holzboden statt in einen Blumengarten hinunter.


Auch bescheidene Schutzobjekte können sehr wichtig sein!

Als Teil einer Gebäudegruppe im Zentrum des Weilers, auf welche die Strasse sowohl von Süden wie von Norden direkt zuführt, und als eines der wenigen verbliebenen Häuser mit erheblicher historischer Substanz, hat das Objekt besondere Bedeutung. Als Elemente, die den zu erhaltenden Charakter der Kernzone Schmalzgrueb und anderer Weiler bestimmen, werden unter anderem "die landwirtschaftlich geprägten Häusergruppen aus dem 16.-19. Jahrhundert", "zweigeschossige, gemauerte Wohnhäuser" und "die traditionelle Umgebung mit eingefriedeten Nutz- und Blumengärten und offenem Wiesland" erwähnt. Zu präzisieren wäre, dass es sich in sehr vielen Fällen nicht um voll gemauerte Wohnhäuser, sondern Bauten mit teilweisen Fachwerkfassaden handelt, die im 19. Jahrhundert voll verputzt worden sind, um ihnen ein etwas herrschaftlicheres moderneres Aussehen zu geben. Bei unserem Objekt hat man nun diese typische Erscheinung und übrigens auch die traditionelle Umgebung zerstört, findet sich doch heute vor dem Haus statt eines bäuerlichen Gartens ein bekiester und teilweise mit einem Holzboden bedeckter Sitzplatz. Von den grosszügigen Abweichungen der Bestimmungen zeugen natürlich auch die oben erwähnten Lukarnen: "Dachaufbauten sind nur im ersten Dachgeschoss zulässig, sofern sie in ihrer Ausgestaltung dem Stil des Gebäudes entsprechen", heisst es in der Bau- und Zonenordnung.

 

 Das Zentrum des Weilers prägende Bauten mit wichtiger Scheune vor den das Ortsbild arg beeinträchtigenden VeränderungenSowohl bei der Annäherung von Westen, als auch von Osten prägt die Gruppe von Gebäuden mit dem oben besprochenen Haus den Eindruck, den man vom Weiler gewinnt. Ein sehr wichtiges Element war die Scheune, von der die Giebelseite im Bild zu sehen ist. Leider musste sie einem sogenannten Ersatzbau weichen.

 

Ist das Ortsbild einmal verletzt, sind weitere Beeinträchtigungen schwer aufzuhalten

Neubau anstelle ehem. Scheune im Zentrum des WeilersErsatzbau für die markante Scheune im Zentrum des Weilers. Vgl. Bild oben.

Seit dem hier geschilderten Fall hat sich das Ortsbild des Weilers, das bereits durch frühere Eingriffe wesentlich gelitten hat, noch weiter nachteilig verändert. Von den Zielen des Ortsbildschutzes, die durch entsprechende Bestimmungen für Kernzonen erreicht werden sollten, hat man sich weit entfernt. Heute steht anstelle der markanten Scheune der oben abgebildeten Gruppe bereits ein Neubau. Bemühungen das Äussere der Scheune zu erhalten waren erfolglos geblieben und ein sogenannter Ersatzbau bewilligt worden. Was entstanden ist, straft die in solchen Fällen übliche Behauptung Lügen, der Ersatzbau werde eine Erinnerung an den Vorgängerbau bewahren. Die Fenster, die neckischen, waagrechten Vordächlein, die Behandlung der Oberflächen, die Farbgebung und anderes mehr haben nicht mehr den Ausdruck einer Scheune und selbst die Holzverschalung aus schmalen horizontalen Latten wie bei vielen heutigen Neubauten, hebt sich auffällig und fremd von den traditionellen Verschalungen der Ökonomiebauten ab. Das kommt vor allem auch auf der Rückseite zum Ausdruck, deren Ansicht von der südlichen Anhöhe durch den Ersatz des ehemaligen, hässlichen Anbaus keineswegs gewonnen hat. (ur Dez.13 / März 14)

 

Ansicht des Weilers mit Ersatzbau für eine Scheune und weiteren störenden Eingriffen

Rückseite des Ersatzbaus für die Scheune an der Strasse im Zentrum. Gemäss Bauordnung müsste der ländliche Gebietscharakter gewahrt bleiben und Solarpanels dürften nicht auffällig in Erscheinung treten.

 

 

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