Die wertvolle, aber viel zuwenig bekannte Grotte im einzigartigen historischen Industrieareal muss restauriert werden. Es ist ein Glücksfall, dass die Verantwortlichen dies rechtzeitig erkannt haben.
Grotte in der Gartenanlage vor dem Fabrikantenhaus aus dem 3. Viertel des 19. Jahrhunderts.
In Neuthal gibt es ausser der aus dem 19. Jahrhundert stammenden und heute als Museum betriebenen Fabrikanlage noch ein weniger beachtetes, aber nicht minder bedeutendes Denkmal, nämlich eine künstliche Grotte in der zugehörigen Parkanlage. Sie stammt aus der Zeit zwischen den späten 1860er und den frühen 1880er Jahren, als der Unternehmer und spätere „Eisenbahnkönig“ Adolf Guyer-Zeller zuerst Teilhaber an der Fabrik seines Vaters und dann Alleininhaber geworden war. Für den Unterhalt des Parks sorgt die im ehemaligen Fabrikantenwohnhaus untergebrachte Therapiegemeinschaft, die aber natürlich aus ihren Mitteln nicht für die notwendige Restauration der Grotte und die sehr wünschenswerte Wiederherstellung der Wasserzufuhr aufkommen kann. Die Stiftung für Gartenkultur ( www.garten-stiftung.ch ) wird eine Spendenaktion durchführen und auf ihrer Homepage weiterführende Informationen zu Grotten in der Schweiz veröffentlichen. Heimatschutzforum Zürich schliesst sich dieser Aktion an und bittet Spenden mit dem Vermerk "Spende für Grotte" auf das Konto Postfinance 60-145063-9 einzuzahlen.
Das Fabrikantenwohnhaus ist 1835, also mindestens drei Jahrzehnte vor der Neueinrichtung des ihm zugeordneten oberen Parkteils erbaut worden. Es handelt sich um ein geräumiges, in seinem Äusseren aber einfaches, nicht besonders repräsentatives Haus. Dies ist typisch für die Zeit als die Fabrikherren ihre Betriebe zu einer ersten Blüte führten. Demgegenüber verrät der Park mit dem Springbrunnen und der Grotte die neue Zeit, in der es ein Bedürfnis wurde, die gewonnene soziale Stellung auch manifest zu machen. Jetzt entstehen die eigentlichen Fabrikantenvillen mit Gartenanlagen, oft auf dem Industriegelände selbst oder in dessen unmittelbarer Nachbarschaft. Von den Gartenanlagen blieb allerdings leider nur selten ein noch einigermassen originales Beispiel erhalten.
Die Gartenanlage in Neuthal auf der Südwestseite zwischen Wohnhaus und Hang hat nur eine Tiefe von knapp 30 Metern, wenn man den 8 Meter breiten Vorplatz, auf dem Kübelpflanzen aufgestellt wurden, dazu rechnet. Es war deshalb eine vorzügliche Idee, eine „natürlich“ gestaltete Grotte als Abschluss der kurzen Achse vom Wohngebäude durch die Mitte des Gartens bis an den relativ steilen Hang zu bauen. Die Anlage umfasste nicht nur die Grotte selbst, sondern es waren in üblicher Weise beidseitig Felsentreppen und weiterführende kurze Spazierwege angelegt worden. Das von schräg oben zufliessende Bächlein war streckenweise als längliches, von Grottensteinen gesäumtes Becken ausgestaltet und füllte, bevor es zur Verteilung in einzelne Rinnen unmittelbar über der Grotte geführt wurde, noch das Bassin einer kleinen Nische. Die Grottenanlage war damit eine Erweiterung des Gartens am Hang, die übrigens gut die doppelte Fläche von jenem umfasste. Leider fliesst heute kein Wasser mehr und das Ganze hat einiges vom Reiz verloren, den ihm einst ausser einer sorgfältig ausgewählten Bepflanzung das murmelnde, plätschernde und tropfende Wasser verlieh. Mangelndes Wasser war zwar, wie zu vernehmen ist, schon immer ein Problem, heute sollte es aber möglich sein, eine genügende Zuleitung zu erstellen. Auf eine gute Wasserzufuhr – die ja allenfalls nur zeitweise in Betrieb genommen werden könnte - sollte bei den jetzt notwendigen Restaurierungsarbeiten wenn immer möglich nicht verzichtet werden.
Blick aus der Grotte zum Fabrikantenhaus. Obwohl begehbar, dürfte das Innere nicht zum Aufenthalt vorgesehen gewesen sein.
Die Datierung der Grotte in die Zeit nach 1865 wird vor allem dadurch erhärtet, dass bis zum Bau des grossen Pferdestallgebäudes in diesem Jahr ein Gebäude am Ort des Gartens mit dem Springbrunnen stand. Auf der Giebel- und damit der Gartenseite des Stallgebäudes ist eine elegante eiserne Laube angebaut, die man gerne mit der Errichtung eines Ziergartens in Zusammenhang bringen möchte. Nun kann man allerdings einige Beobachtungen machen, die zeigen, dass diese Laube erst nachträglich angebaut worden ist, aber wohl nicht sehr viel später. Der eiserne Gartenzaun dürfte aus der Giesserei von Sulzer in Winterthur stammen; ein genau gleicher Zaun umschliesst den 1873 angelegten Garten des Landhauses „Jakobsbrunnen“ in jener Stadt.
1865 erbauter Pferdestall mit nachträglich vorgesetzter eiserner Laube.
Es spricht also viel dafür, dass die Gestaltung dieses Parkteils von Adolf Guyer-Zeller in Auftrag gegeben worden ist, als er 1874 Alleininhaber der Fabrik in Neuthal geworden war, allerdings in Zürich wohnte und Neuthal nur als Erholungsort benützte. Es war ihm sicher wichtig, dass der Blick aus den Fenstern des um 1880 üppig theatralisch eingerichteten Salons auf einen reich gestalteten Garten fiel. Ob die Wegführung und die Rahmenrabatten, wie wir sie von einer Foto aus der Zeit um 1900 kennen, schon damals so bestand und der Garten nicht eher mit geschlängelten Wegen gestaltet war, bleibt offen. Wir müssen davon ausgehen, dass Änderungenvorgenommen wurden. Die Form wie auf der Foto von 1900 erinnert an sogenannte Schmuckplätze, wie sie im späteren 19. Jahrhundert sehr oft vor öffentlichen Gebäuden angelegt wurden. Es scheint, dass diese Art auch bei Fabrikanlagen beliebt war. Leider sind aber die Gartenanlagen auf den Betriebsgeländen und bei den dort erstellten Fabrikantenvillen selten erhalten geblieben und auch noch nicht genügend erforscht. (ur Dez..13)
Gartenanlage und Fabrikantenwohnhaus; Foto um 1900.